Nachtschreck bei Kindern und Babys

Heike vom Heede über die Ursachen und Hilfe bei Nachtschreck

Noch ein Gutenachtkuss und dann heißt es schlafen für Deinen kleinen Entdecker. Sicherlich freust Du Dich auch über ein paar ruhige Stunden für Dich am Abend. Umso aufgeregter und besorgter bist Du, wenn plötzlich ein Schrei aus dem Kinderzimmer kommt, Dein Kind aufgerissene Augen hat, aber nicht ansprechbar ist - vermutlich steckt dann ein Nachtschreck dahinter.

Unsere LILLYDOO Expertin Heike vom Heede ist Diplom-Sozialpädagogin und bietet an ihrem Familieninstituts Heike vom Heede in Düsseldorf unter anderem auch Schlafberatung für Eltern an, damit das eigene Kind wieder ruhig schlafen kann. In unserem Interview erklärt sie Dir, was der Nachtschreck überhaupt ist, wie Du ihn erkennst und von einem Albtraum unterscheidest und gibt Dir Tipps, was Du beim Nachtschreck tun kannst.

Was ist ein Nachtschreck?

Liebe Heike, was ist der Nachtschreck und wer ist davon betroffen?

Der Nachtschreck - in der Fachsprache Pavor nocturnus genannt - ist eine Schlafstörung, die bis heute ein Phänomen ist. Das bedeutet, dass keiner weiß, wann oder ob überhaupt ein Nachtschreck bei Deinem Kind auftritt, da nicht jedes Kind in seinem Leben davon betroffen ist.

Am häufigsten tritt der Nachtschreck bei Kleinkindern um das 2. Lebensjahr herum auf und kann bis zum 6. Lebensjahr immer wieder auftauchen. Es gibt aber auch Kinder, die bis zum 9. Lebensjahr einen Nachtschreck haben oder welche, die schon als Baby von der Schlafstörung betroffen sind.

Und wie äußert sich der Nachtschreck?

Ein Nachtschreck kündigt sich nicht an. Du legst Dein Kind ganz normal schlafen und nach circa 1,5 bis 3 Stunden wird es - in unserem Verstehen - wach. Denn es schreit, fuchtelt eventuell mit seinen Armen und Beinen und manchmal kann es auch sein, dass Dein Kind Laute von sich gibt, die allerdings zumeist nur schwer bis gar nicht verständlich sind. Was viele Eltern am meisten beunruhigt: Das Kind hat die Augen geöffnet, schaut Dich aber nicht an, sondern ins Leere. Und genau daran kannst Du merken, dass Dein kleiner Entdecker eigentlich noch in einer Tiefschlafphase steckt und nur der Körper wach ist. In dem Moment des Nachtschrecks passiert im Gehirn der Kinder ganz viel und das Nervensystem arbeitet auf Hochtouren. Ansprechbar sind die Kinder aber nicht und stecken in ihrer eigenen Welt. Es kann auch vorkommen, dass der Nachtschreck in Kombination mit Schlafwandeln in Erscheinung tritt.

So ein Nachtschreck kann bis zu 20 Minuten dauern. Und am nächsten Morgen erinnern sich die meisten Kindern gar nicht daran, dass sie einen Nachtschreck hatten oder schlafgewandelt sind. Der Pavor nocturnus kann ein einmaliges Ereignis sein, einmal im Monat auftreten oder nur zweimal im Jahr - alles ist möglich und es lässt sich leider keine Vorhersage treffen, da die Ursache für diese Schlafstörung häufig nicht gefunden werden kann.

Auch wenn für uns nicht nachvollziehbar ist, was genau in diesem Moment passiert, ist eins wichtig:

Der Nachtschreck muss nicht zum Elternschreck werden. Er hat nichts mit einem epileptischen Anfall oder Fieberkrampf zu tun, sondern das Kind steckt nur in seiner eigenen Welt.

Abgrenzung vom Albtraum

Wie können Eltern erkennen, ob das Kind einen Nachtschreck oder Albtraum hat?

Albträume treten häufig erst in der zweiten Nachthälfte auf, manchmal auch schon in der ersten. Im Gegensatz zum Nachtschreck haben Kinder bei einem Albtraum die Augen meistens geschlossen. Sie sind zwar aufgeregt, kriegen aber mit, dass Du da bist und brauchen Nähe, sodass Du Deinem Kind sanft aus dem Albtraum helfen kannst. Oft findet sich ein Auslöser, der meist in der Umgebung liegt, wie etwa Spannungsverhältnisse oder Streit in der Familie oder Probleme in der KiTa. Albträume sollten nicht dauerhaft sein, da solche Angstträume sehr anstrengend sind. Allerdings gibt es auch Kinder, die selbst banale Dinge als Albtraum verarbeiten.

Um besser unterscheiden zu können, welche Schlafstörung Dein Kind hat, kannst Du ein Schlafprotokoll erstellen und hier festhalten, was genau in der Nacht passiert ist.

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Tipps zur Hilfe und Vorbeugung

Was können Eltern während des Nachtschrecks tun?

Mamas und Papas sollten ihr Kind während des Nachtschrecks still begleiten und nicht wecken. Zwar ist das Kind so sehr in seiner eigenen Welt, dass Du es nicht trösten oder ablenken kannst, aber Du kannst einfach für Deinen kleinen Entdecker da sein - das hilft schon. Pass auf, dass sich Dein Kind nicht verletzt und wenn es schlafwandelt, laufe leise hinterher und achte darauf, dass die Haustür abgeschlossen ist.

Komm auch selbst zur Ruhe. Oft ist der Nachtschreck eher ein Schreck für die Eltern, da es erst einmal heftig aussieht und sie sich Sorgen um ihr Kind machen. Insbesondere wenn die Schlafstörung zum ersten Mal auftritt, ist es vollkommen normal, dass Du Dich überfordert und hilflos fühlst und Dich die Situation ganz schön mitnimmt. Versuche Dich zu beruhigen, atme tief durch und wenn Du einen Partner/eine Partnerin hast, kann es manchmal schon helfen, einfach in den Arm genommen zu werden.

Gibt es denn etwas, wie sich dem Nachtschreck vorbeugen lässt?

Eine gute und regelmäßige Abendroutine kann dabei helfen, dass Dein Kind gut schläft und womöglich einem Nachtschreck vorbeugen. Das Abendritual sollte nicht zu viel Input bieten und daher ohne Musik und vor allem ohne Fernsehen auskommen. Erzähle Deinem Kind zum Einschlafen schöne oder lustige Geschichten anstatt spannende - insbesondere, wenn auch Albträume ein Thema sind. Für einen guten Schlaf sollte Dein kleiner Entdecker auch draußen gewesen sein und sich genug bewegt haben.

Manchmal kann es sein, dass der Nachtschreck mit der Nachverarbeitung eines Schrecks aus dem Alltag zu tun hat. Wenn Dein Kind während des Pavor nocturnus lautiert, kannst Du vielleicht einen Hinweis raushören, worauf der Schrecken beruht. Über Tag ist es sinnvoll, dass Du darauf achtest, wovor sich Dein kleiner Entdecker erschreckt, was er zu verarbeiten hat und was vielleicht anstrengend war. Bei einem älteren Kind kannst Du diese Dinge ansprechen und solltest Möglichkeiten anbieten, den Schreck gemeinsam zu verarbeiten. Frag zum Beispiel, ob ihr zusammen den Schreck raus malen sollt. Oder versuche es mit einer Erklärung: Hat sich Dein Kind etwa bei einer Krankenwagensirene erschreckt, kannst Du ihm sagen, dass die Krankenwagen manchmal auch leise arbeiten, aber wenn sie schnell irgendwo hinmüssen, laut sind. Dabei können bei älteren Kindern auch Bücher eine schöne Unterstützung sein. Mit diesen Wegen setzt Du dem Schreck etwas Gutes entgegen und hilfst dem Gehirn damit umzugehen, sodass in der Nacht - hoffentlich - nichts mehr mit einem Nachtschreck verarbeitet werden muss. Bei Säuglingen ist es etwas schwerer, gemeinsam einen Schreck zu verarbeiten. Du kennst Dein Baby am besten und weißt, welche Situationen vielleicht eine Belastung waren und ihr findet bestimmt Wege, gemeinsam damit umzugehen.

Außerdem ist es wichtig, dass auch Du selbst keine Angst vor den Nächten entwickelst und der Nachtschreck nicht zum Elternschreck wird. Lerne mit dem Nachtschreck umzugehen und wie Du Dich selbst in der Situation beruhigen kannst. Egal, ob Dein Kind schon älter ist, noch ein Kleinkind oder Baby - es wird Deine Sicherheit spüren, wenn Du es ganz unbedacht ins Bett bringst und da bist.

Zur Vorbeugung ist es auch bedeutsam, dass Dein Kind kaum Spannungsfelder zwischen Dir und Deinem Partner/Deiner Partnerin spürt. Auch Streit zwischen Geschwistern sollte vermieden werden - auch wenn das nicht immer gelingt. :) Nach einem Streit ist es wichtig, darüber zu reden und die Unstimmigkeiten vor dem Schlafen aus der Welt zu schaffen, sodass jedes Geschwisterteil beruhigt ins Bett gehen kann.

Und zu guter Letzt möchte ich alle Eltern bitten, bei allen Dingen, ob Nachtschreck, Schlafwandeln oder Albträume, ihrem Kind nicht von der Nacht zu erzählen.

Schütze Deinen kleinen Entdecker davor, etwas über sich zu hören, was er überhaupt nicht nachvollziehen kann und woran er sich auch gar nicht erinnert, um damit einen neuen Schreck oder gar eine Angst vor dem Schlafen zu vermeiden.

Wann sollten sich Eltern Hilfe holen?

Sobald der Nachtschreck regelmäßig kommt und Dein Kind tagsüber müde und erschöpft ist, sollet ihr die Kinderärztin/den Kinderarzt aufsuchen. Auch wenn Dein Kind aggressiv während des Nachtschrecks ist und Verletzungsgefahr besteht, sollte die Schlafstörung ärztlich abgeklärt werden. Die Ärztin/der Arzt entscheidet dann, welche weiteren Schritte notwendig sind und schickt euch eventuell noch in ein Schlaflabor. Hier wird in der Regel der Schlaf für eine Nacht überwacht und danach eine genaue Diagnose gestellt. Auch wenn die Nacht im Schlaflabor vielleicht etwas anstrengend ist, da viele dort schlechter schlafen, beruhigt es dann doch, wenn die Diagnose nur "Nachtschreck" lautet und nichts Ernsthaftes dahintersteckt.

Auch wenn Du nicht weißt, wie Du mit dem Nachtschreck umgehen sollst, kannst Du Dir Hilfe bei Fachleuten suchen, um so souveräner in die Nacht zu gehen.

Wie hilfst Du mit Deiner Schlafberatung und -begleitung?

Zunächst verschaffe ich mir ein komplettes Bild von der Familiensituation: Wie war die Schwangerschaft, die Geburt, die erste Zeit, wann hat der Nachtschreck angefangen, wie geht es der Mama und/oder dem Papa, wie sieht es mit Geschwistern aus. Das klappt per Videocall sehr gut, aber persönlich vor Ort natürlich noch besser und ich freue mich immer, wenn mir Eltern so viel Vertrauen entgegenbringen, dass ich sie auch zuhause besuchen darf.

Im nächsten Schritt versuche ich dann, den Eltern wieder Sicherheit zu geben und ihnen aufzuzeigen, was alles gut läuft. Viele sehen gar nicht, dass sie schon vieles richtig machen und dann ist es schön, sie in ihrem Verhalten zu bestärken. Wenn der Rückhalt wieder da ist und ich merke, die Eltern haben Energie etwas zu verändern, entwickeln wir gemeinsam Wege, wie das Kind abends zur Ruhe kommt - manchmal sind Veränderungen auch gar nicht nötig. Achtsam schauen wir ebenso darauf, ob noch eine zusätzliche Fachkompetenz nötig ist und beziehen, wenn nicht schon geschehen, die Kinderärztin/den Kinderarzt mit ein. Wird eine Schlafexpertin/ein Schlafexperte empfohlen, schaue ich gemeinsam mit den Eltern nach geeigneten Fachleuten, sollte die Kinderärztin/der Kinderarzt niemanden kennen.

So begleite ich die Familien und freue mich über das Vertrauen. Das wichtigste Anliegen ist mir, dass die Eltern und die Kinder wieder ruhig schlafen können.

Vielen Dank für diese tolle Übersicht und die wertvollen Tipps für Eltern zum Thema Nachtschreck, liebe Heike. Wir hoffen, wir konnten Dir damit die Angst vor dem Nachtschreck nehmen und Du und vor allem Dein kleiner Entdecker habt bald wieder ruhige und erholsame Nächte. Noch mehr Tipps, wie Du richtig beim Nachtschreck reagierst, bekommst Du auch in unserem YouTube Video mit der LILLYDOO Schlafexpertin Julia.

Häufig gestellte Fragen

Der Nachtschreck ist eine Schlafstörung, bei der das Kind schreit, eventuell mit seinen Armen und Beinen fuchtelt und womöglich lautiert. Dabei hat es die Augen geöffnet, schaut aber ins Leere und ist nicht ansprechbar. Am häufigsten tritt der Nachtschreck bei Kleinkindern zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr auf.

Du solltest Dein Kind nicht wecken und den Nachtschreck nur still begleiten. Achte darauf, dass sich Dein kleiner Entdecker nicht verletzt und dass auch Du selbst zur Ruhe kommst.

Eine gute und regelmäßige Abendroutine ohne viel Input wie Musik oder Fernsehen hilft, dem Nachtschreck vorzubeugen. Außerdem solltest Du Deinem Kind die Möglichkeit bieten, Schrecksituationen aus dem Alltag gemeinsam mit Dir zu verarbeiten. Wichtig ist auch, dass Du selbst keine Angst vor der Nacht entwickelst, sondern Deinem Kind beim Zubettgehen ein Gefühl von Sicherheit vermittelst.

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